Ottokar Kernstock (1848-1928)

Kernstockstatue in VorauOtto Kernstock wurde am 25. Juli 1848 in Maribor (damals Marburg an der Drau), der Heimatstadt seiner Mutter, geboren. Sein Vater stammte aus Prachatitz im Böhmerwald. 1855 übersiedelte die Familie nach Graz. Zunächst studierte Kernstock in Graz Rechtswissenschaft und wurde Mitglied der schlagenden Burschenschaft ”Gothia”. Er brach dieses Studium jedoch ab und trat 1867 in das Augustiner Chorherrenstift Vorau ein, wo er den Ordensnamen Ottokar erhielt. 1871 wurde er zum römisch-katholischen Priester geweiht. Kernstock war zunächst Archivar und Bibliothekar des Stiftes und wirkte ab 1873 als Kaplan in Waldbach, Sankt Lorenzen am Wechsel und Dechantskirchen. Von 1889 bis zu seinem Lebensende war er Pfarrer von Festenburg (Gemeinde St. Lorenzen am Wechsel).

Von 1875 an veröffentlichte Kernstock historische und belletristische Werke. Seine Gedichte erschienen ab 1878 in der Münchner Zeitschrift Fliegende Blätter. Nachdem er 1889 sein Amt als Pfarrer in Festenburg angetreten hatte, begann er Lyrik in der Tradition der Spätromantik zu verfassen, oft mit deutschnationalen Inhalten. 1916 wurde ihm angeboten, Dozent für Poetik, Rhetorik und Stilistik an der Lehrerakademie des Wiener Pädagogiums zu werden. Dies wurde von Karl Kraus in seiner Zeitschrift „Die Fackel“ unter dem Titel „Kernstock der Jugend“ heftig kritisiert. Kernstock hielt im Dezember 1916 zwar seine Antrittsvorlesung über österreichische Kriegslyrik, blieb letztendlich aber doch in Festenburg.

1920 schuf Kernstock mit „Sei gesegnet ohne Ende“ den Text der späteren österreichischen Bundeshymne. Das Werk war ursprünglich als Deutschösterreichische Volkshymne betitelt und Teil des Gedichtbands „Der redende Born“ (1922). Per Ministerratsbeschluss wurde „Sei gesegnet ohne Ende“ am 13. Dezember 1929 zur Hymne der 1. Republik erklärt. Nach der Ausschaltung des Parlaments und Abschaffung der Demokratie 1934 behielt die durch die Christlichsoziale Partei um Engelbert Dollfuß errichtete Diktatur die Hymne bei.

Ottokar Kernstock Grab
Kernstocks Grab nahe der im Hintergrund zu sehenden Festenburg

Im Jahr 1923 verfasste er das „Hakenkreuzlied“ für die Fürstenfelder Ortsgruppe der Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (DNSAP). Kernstock betonte jedoch bald danach, kein „Hakenkreuzler“ zu sein. Er erklärte, dass er ein Gedicht geschrieben habe „das den idealen Zielen galt, die ursprünglich den Hakenkreuzlern vorschwebten und mit denen sich jeder brave Deutsche einverstanden erklären musste.“.

Am 5. November 1928 starb Ottokar Kernstock auf der Festenburg, deren Pfarrer er bis zu seinem Tod geblieben war.

Kriegspropaganda

Während des 1. Weltkriegs betätigte sich Kernstock propagandistisch. Er schrieb im, zusammen mit Peter Rosegger verfassten, Gedichtband „Steirischer Waffensegen“ (1916):

Steirische Holzer, holzt mir gut
mit Büchsenkolben die Serbenbrut!
Steirische Jäger ,trefft mir glatt,
den russischen Bären auf das Blatt!
Steirische Winzer, presst mir fein
aus Welschlandfrüchten blutroten Wein!

Ehrungen

Dr. Ottokar Kernstock Weg
Dr. Ottokar Kernstock Weg (Schild in Vorau)

Bereits 1919 wurde Kernstock Ehrendoktor der Universität Graz. 1920 erhielt er, zusammen mit Rainer Maria Rilke, den Mejstrik-Preis. (Der historische Mejstrik-Preis wurde von der Deutschen Schillerstiftung erstmals 1920 verliehen.)

Nachwirken

Nach seinem Tod wurden sein Empfangs-, Arbeits- und Schlafzimmer auf der Festenburg von den Vorauer Chorherren zur Gedenkstätte bestimmt und blieb seither mit allen Einrichtungsgegenständen, Büchern, Bildern und Urkunden unverändert als Museum erhalten.

In Österreich wurden zahlreiche Straßen und Plätze nach Kernstock benannt. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazideutschland 1938 wurde vor allem das „Hakenkreuzlied“ von den Nationalsozialisten zur Propaganda verwendet. Nach 1945 geriet er zunehmend in Vergessenheit. Teilweise wurde die Benennung von Straßen und Plätzen – oft erst nach längeren Debatten – rückgängig gemacht, so der Kernstockplatz in Wien (1992 in „Familienplatz“) und die Kernstockwege in Traun und Ansfelden (1995). Das Ottokar-Kernstock-Haus in den Fischbacher Alpen des Österreichischen Alpenvereins, Sektion Bruck a.d. M., trägt seinen Namen. Eine Karte der nach Ottokar Kernstock benannten Straßen und Plätze finden Sie hier.

Werke:

  • 1894: Verloren und wiedergefunden (Märchen)
  • 1900: Die wehrhafte Nachtigall (Gedichte)
  • 1901: Aus dem Zwingergärtlein (Gedichte)
  • 1905: Unter der Linde (Gedichte)
  • 1908: Turmschwalben (Gedichte)
  • 1911: Aus der Festenburg (Aufsatz)
  • 1912: Tageweisen (Gedichte)
  • 1915: Schwertlilien aus dem Zwingergärtlein (Gedichte)
  • 1922: Der redende Born (Gedichte)
  • 1928: Christkindleins Trost (Spiel)

Ausgewählte Gedichte:

Links:

Literatur zu Kernstock:

  • Grolleg-Edler, Charlotte: Die wehrhafte Nachtigall – Ottokar Kernstock (1848 – 1928). Eine Studie zu Leben, Werk und Wirkung. Grazer Universitiätsverlag, Graz 2006.